Gibraltar – Lanzarote

Mittwoch, 26.10.16

Um 0700 klingelt der Wecker, draußen ist es stockfinster und der Wind pfeift in Böen durch den Hafen. Armin versucht den tropfenden Wasserhahn vom Wassermacher abzudichten. Der wurde in Hyeres erneuert, weil er tropfte! Der neue tropft noch mehr und widersetzt sich jeglicher Reparatur! Also wird ein Schlauch ins Waschbecken gelegt!

Abschied von Ute und Peter, sie wollen ebenfalls heute auf die Kanaren starten. Kaum öffnet um 0930 der Hafen motoren wir schon raus und rüber in die Marina-Bay zum Tanken. Um 0920 dann geht es raus in die Bucht von Gibraltar. Bei achterlichem Wind segeln wir unter Genua und Besan in die Strasse von Gibraltar und am Rande des Verkehrstrennungsgebietes. Natürlich bekommt Rasmus/Neptun/Poseidon wieder einen großen Schluck vom Besten!20161026_095814-1_blog

Zunächst ist es gemütliches Segeln, doch je weiter wir nach Westen kommen, desto windiger wird es. Bei Tarifa bläst es mit bis zu 30 kn, aber von achtern also nicht so schlimm.

Wir queren das Verkehrstrennungsgebiet, auf der marokkanischen Seite wird es ruhiger. Bis zum Abend können wir an der Küste entlang segeln, dann nimmt der Wind soweit ab, dass wir mit dem Motor schieben.

Der Wassermacher wird eingeschaltet. Dieses geniale Teil wandelt Salzwasser durch Umkehrosmose in Trinkwasser um, ungefähr 60 Liter in der Stunde. Für 30 Minuten liefert er bestes Trinkwasser, aus dem tropfenden Hahn läuft es direkt in ein Glas! Dann gibt es Alarm, aus, Ende, nix geht mehr! Er lässt sich nicht mal mehr mit Süßwasser spülen! Nächste Baustelle!

2000, Freiwache, ich gehe in die Koje. Unser Autopilot 1 (wir haben zwei verschiedene), unser hochwichtiges drittes Crewmitglied, der seit 2008 zuverlässig unseren Kurs hält, ist hinten unter der Koje montiert und greift direkt am Quadranten an. Normalerweise hört man ihn leise surren bei der Arbeit, jetzt ist er deutlich lauter und klackert. Nicht das auch noch! Wir schalten ihn ab, schalten um auf Autopilot 2, ab jetzt tut er Dienst. Zwar haben wir zu Autopilot 1 einen Ersatzantrieb dabei, aber der sollte eigentlich, wenn überhaupt, dann bestimmt noch nicht jetzt zum Einbau kommen!

 

Donnerstag, 27.10.16

Eine sternenklare mondlose Nacht, erst gegen Morgen erscheint die schmale Sichel des abnehmenden Mondes. Kurz darauf geht die Sonne schon auf.

Die Fehlersuche am Wassermacher ergibt, dass kein Öl in der Pumpe ist! Und das nach gerade mal fünf Stunden Gebrauch seit der Wartung durch EMEK! Es ist aber auch wirklich alles, was diese Werft auch nur angefasst hat Müll!

Der Wind ist total unbeständig. Entgegen der Vorhersage meist nur schwach, ständig wechselnd. Das heißt Segel raus, Segel rein, mal StB, mal BB, Motor an, Motor aus, wir sind gut beschäftigt.

Flaute, kein Wind bläht die Segel, nichts stabilisiert die Schiffslage. Flaute, das ist Meeresatmen! Der Ozean ist nie wirklich ruhig. Selbst wenn nicht mehr der leiseste Windhauch die Wasseroberfläche kräuselt, kommt doch von irgendwo her noch eine Restdünung. Dadurch hebt und senkt sich die Meeresoberfläche wie der Brustkorb eines ruhig atmenden Schläfers, rauf und runter, rauf und runter, und mit ihm ASHIA. Dazu vollführt sie ständige Nickbewegungen um die Querachse. Außerdem rollt sie um die Längsachse, von rechts nach links und wieder zurück, so 10° nach jeder Seite. Und sie tänzelt um die Hochachse! Wedelt mit dem Heck wie ein Hund mit dem Rute. Und das alles ohne Rhythmus! Die Segel hängen schlapp herunter, die Bäume wackeln. Alles, was nicht fixiert und gepolstert ist bewegt sich und macht Lärm. Flaute gleich Stille, das gibt es nicht.Das ist nicht nur nervig, das ist auch Material mordend. Dagegen hilft nur motoren!

 

Freitag, 28.10.16

Die Nacht ist unruhig. Drei weiß-bläuliche Lichtblitze tauchen plötzlich hinter uns auf, Entfernung nicht auszumachen in der Dunkelheit, auf dem Radar nicht zu sehen, wir sind beunruhigt. Zu viele Schauergeschichten von Marokkos Küsten kommen uns in den Sinn. Wir schalten unser AIS aus, sind somit für andere nicht mehr zu erkennen, geben Gas und hauen ab. Eine Stunde später, 8 SM weiter, wieder diese Blitze. Diesmal sind es noch viel mehr. Jetzt endlich ist am Radar erkennbar, dass es sich um Bojen der Fischer handelt. Erleichterung macht sich breit. Wir umfahren einen Teil der Bojenreihe, motoren dann aber dazwischen durch, in dieser stark befahrenen Gegend können die Bojen nicht durch oberflächliche Netze verbunden sein.

Seit gestern kommt im UKW-Funk auf Kanal 16 immer wieder eine Meldung über einen Schleppverband, zu dem Abstand zu halten ist. Nachts erhalte ich einen Funkruf von STORMBAS 3, dem Begleitboot der GEO CASPIAN. Dieses Technik-Boot zieht drei 6 SM lange Kabel hinter sich her. Zwei Begleitboote fahren jeweils 1 SM vor und hinter der manövrierbehinderten GEO CASPIAN, um ihr andere Boote fern zu halten. Man soll den Konvoi, der mit 4,4 kn fährt, im Abstand von 4 SM überholen. Schon wieder ausweichen! Der Kurs dieser Nacht ist recht zackig!

Auffällig ist, wie unterschiedlich der Funkverkehr abläuft, je nachdem, ob Mann oder Frau an der Funke antwortet. Als ich mich nachts melde, heißt es höflich: „good morning Ma `m, please switch on channel 7-3, seven-three!“. Einige Zeit später ist Armin dran, da heißt es nur kurz und knackig: „7-3, seven-three!“

Am späten Vormittag hat Mr. Yanmar für zwei Stunden Pause. Bei bis 10 kn achterlichem Wind zieht uns unser Passatsegel mit 5,5 kn voran.

Eine Gruppe von 15 bis 20 Segelbooten bewegt sich nach AIS mit uns in Richtung Kanaren. Die vorderen motoren alle, wie sich aus ihrer Geschwindigkeit ersehen lässt.

 

Samstag, 29.10.16.

Um 0700, es ist noch immer stockdunkel, will ich gerade sagen, dass diese Nacht ereignislos und ruhig war, da zeigt das Radar schnell näher kommende rundlich-ovale Reflexe. Ups, das sind die ersten (Mini-) Squalls! Zwar ziehen sie ohne große Windgeschwindigkeit über uns hinweg, aber sie bringen etwas Regen mit.

Auch heute begleiten uns wieder Delphine ein kurzes Stück. Allerdings sind diese beiden nicht so zum Spielen aufgelegt und ziehen schnell weiter

20161029_103150_blogSeit Beginn der Reise finden sich immer wieder kleine Vögelchen bei uns ein. Weit draußen, mitten auf dem Meer, kommen sie oft total erschöpft angeflattert und landen auf Leinen oder der Reling. Die meisten ruhen sich eine Zeit lang aus und fliegen dann weiter. Manche bleiben länger, hüpfen überall an Bord herum, hinterlassen ihre Häufchen und sind total zutraulich. Leider sind das oft die Kandidaten, die immer ruhiger werden und dann einfach tot umfallen. Diesmal haben wir Glück, alle Besucher verlassen ASHIA lebend wieder. Wir lassen jedes Mal Wasser aus der Cockpit-Dusche über den Boden zu ihnen fließen, so trinken sie ein wenig. Eine kleine Taube begleitet uns seit dem frühen morgen. Erst auf der Reling, dann auf dem Besan sitzend, putzt sie sich und steckt dann den Kopf unter den Flügel. Da heute fast ausschließlich Motorfahrt angesagt ist, wird sie auch durch Manöver nicht gestört. Zur Nacht sitzt sie unten auf dem Laufdeck im Windschatten.

Die ganze Nacht motoren wir an der Küste von Lanzarote entlang.

 

Sonntag, 30.10.16

Ab 0500 sitzen wir beide im Cockpit. Es geht die letzten Meilen auf den Hafen zu. Dieses nächtliche Ankommen müssen wir uns wieder abgewöhnen! Messina, Korinth, Imperia, Gibraltar, immer sind wir nachts eingelaufen. Und jetzt die Marina Rubicon! Während die ganze Küste  von Laternen hell erleuchtet ist, liegt die Einfahrt zur Marina im Dunklen. Die grüne und rote Einfahrtstonne erleuchten nicht die Felsen der Mole. Mit der Taschenlampe am Bug stehend dirigiere ich Armin hinein. Wir wussten durch ein Telefonat mit Elsa von der Reception ja, dass es voll sein würde, haben deswegen schon von Gibraltar aus einen Liegeplatz gebucht, aber dass auch der Rezeptionssteg und die Tankstelle belegt sein würden, das überrascht uns doch. Wohin jetzt? Da wir den Hafen kennen, wir waren von Oktober 2012 bis April 2014 ja schon hier, fahren wir langsam nach hinten durch, wo die großen Plätze sind. Tatsächlich, direkt vor Ives Lokal ist ein Platz frei! Um 0600 schweigt Mr. Yanmar, wir liegen fest. Das Täubchen ist nicht mehr da. Sicher hat sie nachts das Land gerochen und ist davon geflogen. Die ist billig und bequem gereist!

Von Gibraltar nach Lanzarote: 624 SM in 3 Tagen und 20 Stunden. Das sind 92 Stunden, davon waren wieder 71 Motorstunden. Über den Atlantik geht das so aber nicht! Da reicht der Sprit nicht.

 

Autor: Nicole

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