Dienstag, 10. Oktober 2017
Heute von einem Jahr haben wir die Leinen in Imperia gelöst! Nach Mittelmeer, Atlantik und Pazifik segeln wir jetzt im Indischen Ozean. Der zeigt sich zwar nicht von seiner schlechtesten, aber auch nicht gerade von seiner besten Seite. Winde zwischen 15 und 25 kn, in Spitzen (natürlich nachts) bis 40kn, und eine bis 5m hohe Welle, alles schräg von hinten, lassen ASHIA rocken und rollen. Sie macht Bocksprünge wie ein Rodeopferd, Nicole kugelt nachts, trotzt Leebremse, zweimal aus der Koje und auch Armin hebt es von der Matratze hoch und er landet neben dem Bett. Jede Bewegung an Bord muss wohl überlegt werden, mindestens eine Hand braucht man zum Festhalten. Kochen wird zum Balanceakt, fünf Hände wären nötig, um alles und sich selbst festzuhalten. Beim Dosieren von Pulver oder Flüssigkeiten geht meist was daneben, alles, was nicht fixiert ist, rutscht rum. Die Wellen haben Schaumkronen, brechen sich mal neben und mal am Schiff. Gischt sprüht auf, gelegentlich klatscht das Wasser auf„s Deck, spritzt ins Cockpit. Alle Luken müssen geschlossen bleiben, das Schott zum Niedergang ist halb hochgezogen. Einmal Wasser im Salon ist genug im Leben!
Beim täglichen Kontrollgang über `s Schiff sammeln wir die Leichen der Fliegenden Fische ein. Bis 180 hat Nicole mitgezählt, es ist ein Drama! Sie verfliegen sich nachts, werden von Wellen auf Deck gespült, landen in allen Ritzen. Die kleinsten sind lediglich 2-3cm lang, die größten haben die Form von mittleren Salatgurken. Sie sterben im Trocknen sofort, die zarten Flügelchen kleben überall an Bord. Lediglich die Großen haben eine Chance zum Überleben, wenn wir sie sofort bemerken und die zappelnden, glitschigen Viehcher wieder zurück ins Meer befördern.
Unter weißen Segeln geht es Tag und Nacht dahin, es ist ein Leben wie in der Waschmaschine! Tagsüber kommen wir damit ganz gut zurecht, aber das Schlafen nachts ist schwierig. SOLO segelt mit ein paar SM Abstand neben uns her, auch sie schimpfen über die Schiffsbewegungen und die ständig knallenden Segel. Wir bleiben ständig in UKW-Entfernung, also nie weiter als ca. 10 SM auseinander. Christoph und Armin diskutieren mehrmals täglich auf UKW-Kanal 12 die Wetterentwicklung und die Segelstrategie. Sandra und Nicole treffen sich pünktlich jede Nacht mit Beginn der Geisterstunde zu den „Mitternachtsspitzen“! So geht die Wache schneller rum.
Ein weiterer Zeitvertreib ist die Musik. Christoph, der neben seinem eigentlichen Beruf auch noch ausgebildeter Pianist ist, empfindet Schlager u. ä. als eine Zumutung, er hat nur Klassik mit an Bord. Sandra freut sich über „leichte Musik“ und Armin hat alles im Repertoire! Volksmusik, Shanties, die gesamten deutschen Schlager ab 1950, internationale Hits, DDR-Hits, Filmmusik, schwungvolle klassische Melodien, was immer Sandra wünscht, er findet es auf dem PC, dreht auf laut und hält den Hörer der Funke an den Lautsprecher. So mancher Titel treibt Christoph zur Flucht unter die Dusche oder mit Kopfhörer in die Koje, aber wir haben unseren Spaß! Zum Glück ist all die Tage kein anderer auf Kanal 12 zu hören!
„*/Und das Meer, und das Meer schubst sie alle hin und her!/*“ Textzeile aus „Jeder Hafen hat `n Kai“ von Georg Moslener.
Freitag, 13. Oktober 2017
Seit drei Tagen hat der Indik sich beruhigt! Der Wind hat nachgelassen, die Welle ist schwächer geworden, nur gelegentlich schubst uns noch eine schräg von der Seite an. Das Bordleben ist erträglicher geworden, die Nächte erholsam. Am Mittwoch nimmt leider der Besan-Ballooner Schaden! Genaker, Groß und Besan sind gesetzt, der Wind kommt seitlich. Um noch etwas Speed rauszuholen, ziehen wir das knuffige Segel noch dazu hoch. Als er in einer Wellenbewegung einfällt, bleibt er am Großbaum hängen und reißt über 3m am Vorliek auf. Schitt! Aber der Segelmacher ist eh schon nach Mauritius bestellt, der kleine, mit Segeltape geflickte Riss im Besan-Ballooner muss ja auch repariert werden und außerdem gibt es eine Scheuerstelle an der Genua und am Passat-Segel auszubessern. Kleinigkeiten im Vergleich zu dem, was wir im Roll-Call hören. Auf einem Boot ist gerade der dritte Spinnaker zerplatzt und ein anderes segelt schon seit Tagen ohne Großsegel, es ist in einer Böe gerissen.
Seit gestern fahren wir bei fast achterlichem Wind mit dem Amel-System. Wind um 15kn bauscht die beiden Segel am Vorstag und ASHIA gleitet durch die See. Laut Wettervorhersage soll der Wind noch weiter abflauen, wahrscheinlich wird uns Mr. Yanmar über die letzten Seemeilen schieben müssen.
Samstag, 14. Oktober 2017
Gegen Abend gibt es einen kurzen Knall, der Besanbaum schwenkt nach BB aus bis er an den Wanten anliegt. Der Leinenschäkel, der die Schot und die Bullentaillen hält, ist durchgescheuert! Der Dauerbelastung war er nicht gewachsen und wir haben ihn irgendwie bei den Kontrollgängen vergessen. Nun, es ist reparabel, nichts Dramatisches passiert, aber die Wanten scheuern ein paar Lackschäden in den Baum.
Sonntag, 15. Oktober 2017
Wir segeln die letzten Meilen bis zum Ziel, Port Luis auf Mauritius. Bei der Berechnung der Ankunftszeit an der Nordspitze von Mauritius unterläuft uns mit all dem Wechsel der lokalen Uhrzeiteen ein Fehler. Ausgehend davon, dass wir dort mitten in der Nacht ankommen würden, und das Amel-System im Dunklen abbauen müssten (Ballooner einholen, Pols einklappen, Schoten wechseln, Genua setzen), und der Ankündigung von 25kn Wind an der Ecke, bauen wir bereits nachmittags um und setzen den Genaker. Dann lässt der Wind weiter nach, die Bootsgeschwindigkeit durch Wasser sinkt auf 4kn, da auch noch Strömung gegen uns läuft, die Welle bleibt und irgendwann wird das Geschaukel und Geschlage der Sege fast unerträglich. Wir wollen ankommen! Also werden die Segel eingerollt und der Motor gestartet. Nachts geht der Wind auf 4-6 kn runter. Die Inselspitze passieren wir im Morgengrauen, der Wind frischt auf, entlang der Küste geht es doch noch unter weißen Segeln.
Trotz Allem: glimpflich davongekommen, insgesamt …