Noch ein Tag mit Tony

Donnerstag, 1. Februar 2018

Heute müssen wir einkaufen. Nachdem das Frachtschiff, die RMS ST.HELENA, weitestgehend entladen ist, sind Obst und Gemüse verteilt und sollen heute um 0900 in den Verkauf kommen. Um vom Wassertaxi unabhängig zu sein, haben wir gestern Abend noch das Dingi aufgeblasen. Wir fahren zur Pier. Kurz davor winkt uns James aus seinem Schlauchboot zu. Er macht meist an einer Boje fest und muss dann übergesetzt werden. Wir nehmen ihn mit und er verrät uns, wie man bei dem momentan herrschenden heftigen Schwell an Land kommt. Jede siebte Welle ist eine kleine Welle, die muss man abwarten. D. h. nach der sechsten mit Motorschub zur Betonpier, eines der dort hängenden Haltetaue greifen und einer springt an Land mit der Dingileine. Die anderen hüpfen mit dem Dingi in den Wellen auf und nieder bis wieder die nächste siebte kleine Welle kommt. Na ja, wir schaffen es einigermaßen trocken und können auch TOUJOURS BELLE kurz darauf so an Land helfen. Tony, unser netter Taxifahrer von gestern, erwartet uns schon und bringt uns ins Zentrum von Jamestown. Während wir im ersten Laden darauf warten, dass um 0900 das Obst und Gemüse in die Auslage kommt, bisher liegen da nur ein paar Kartoffeln und alte Bananen, besorgen wir einige Konserven, Mais zum Salat, Apfelmus für Schweizer Hörnli mit Hack und eingemachte Kirschen und Pfirsiche zum Griesbrei. Um 0900 füllt sich der Laden mit Frauen in hellgrünen Kitteln, den Verkäuferinnen der umliegenden Geschäfte. Sie alle gehen in den Hinterhof, wo schon die Obststeigen zu sehen sind. Dann wird die Tür zum Hof geschlossen. Kurz darauf kommen die Frauen mit prallen Taschen zur Kasse. Was an Frischem dann noch in die Auslage kommt ist zu vergessen! Ein paar grüne Bananen, alles andere ist ausverkauft! Man kann ja verstehen, dass die einheimische Bevölkerung zuerst versorgt wird, aber es ist ärgerlich! Tony hat sich in der Zwischenzeit in den anderen Lebensmittelgeschäften umgesehen. Er nimmt uns an der Kasse die Einkäufe ab, um sie ins Auto zu laden und schickt uns gezielt weiter. Im Markt gibt es Salat, im nächsten Laden Äpfel, Karotten, Pflaumen und Apfelsinen und in einer kleinen Seitenstrasse ist noch ein Geschäft, wo wir Trauben und Salatgurken bekommen. Die Trauben tragen ein Etikett in Deutsch, das besagt, dass sie in Südafrika geerntet und für EDEKA Hamburg verpackt wurden! Ohne Tonys Hilfe hätten wir das alles nicht gefunden. Was noch fehlt, sind Tomaten und Eier. Kein Problem, die will er uns organisieren! Er bringt uns zurück zum Hafen und da er den Mann an der Schranke kennt, kann er bis vor die Treppe der Anlegestelle fahren, wo unsere Dingis im Schwell tanzen. Alles kommt dann unfallfrei an Bord und kann verstaut werden.
Nun warten wir auf das Tankschiff. Mit viel Verspätung und erst nach Rückfrage von Thomas über Funk geht der Kahn dann bei uns längsseits. 100 Liter Diesel für ASHIA und dann noch 130 Liter für TB, es soll sauberer Kraftstoff sein, hoffentlich, wir verzichten diesmal auf das Filtern. Der Tankwart nimmt uns vier dann mit zurück zum Hafen, wo wir wieder zu Tony ins Auto steigen. Wir haben ein Date am Airport! Wir fahren durch die saftig grüne Landschaft der Hochebene, heute regnet es immer wieder mal, durch Longwood und vorbei an Longwood House. Dann wird die Landschaft karg, Vulkangestein dominiert. Der Flughafen liegt im Süden der Insel. Drei Jahre hat es gedauert einen Hügel abzutragen, ein Tal aufzufüllen und die Ebene für die knapp 2km lange Landebahn zu schaffen. Die Gebäude waren dann innerhalb von 6 Monaten errichtet. Von Sonntag bis Freitag schläft der Airport! Lediglich am Samstag landet morgens eine Maschine aus Johannisburg und fliegt mittags wieder zurück. Dann sind die Schalter besetzt, Pass und Sicherheitskontrolle arbeiten und auch der kleine Shop und die Cafeteria sind geöffnet. Ist der Flieger weg, verfällt alles wieder in Dornröschenschlaf. Lediglich ein Mann ist beständig auf dem Tower, falls mal, so wie gestern, doch eine Maschine auf dem Weg von Brasilien nach Dubai hier zum Auftanken zwischenlandet. Eine junge Frau von der Flughafensicherung, Tony kennt sie natürlich, schließt uns die große Eingangstür auf und führt uns durch das Gebäude. Beeindruckend und ein bisschen unheimlich, so ein toter Airport. Andererseits, würden hier wirklich täglich Maschinen landen und die Insel vom Tourismus erobert werden, St. Helena würde seinen Charme verlieren!
In Longwood pausieren wir im „Pub Paradise St.Helena“. Hier tritt Tony gelegentlich mit seiner Band auf. Er spielt Gitarre und Saxophon, er singt und sie haben hauptsächlich Rock und Oldies im Programm. Außerdem, so erzählt er uns, moderiert er Samstagvormittag die Sendung „Mike and Tony“ im Inselradio! Der Cappuccino schmeckt ebenso wie das „Windhoek Lager“ und wir stellen fest, dass es im Englischen kein Wort für „Reinheitsgebot“ gibt! Die Wirtin freut sich über unseren Besuch und am Ende pflückt sie uns eine Tüte frischer Tomaten aus ihrem eigenen Anbau. Eine weitere Tüte mit Tomaten und die versprochenen Eier liegen bereits im Kofferraum!
Weiter geht es zur einzigen Destillerie auf St. Helena. Hier destilliert Paul in einem garagenähnlichen Anbau seines Wohnhauses mit deutschem Equipment von Holstein ein paar leckere Topfen. Schnaps aus Kakteenfrüchten, Rum und Gin stehen in eckigen, der Jacobsleiter nachempfundenen Flaschen im Regal. Unser Favorit ist der „Midnight Mist Coffee Liqueur“, ein Rumliqueur, hergestellt mit Kaffeebohnen von der Insel. Außerdem keltert er einen süffigen Rotwein, klar dass ein paar Flaschen mit auf die Boote kommen. Zum Abschluss gehen wir noch mal zu Rosie, ihre Pizza ist einfach köstlich. Wie schon gestern laden wir Tony ein, er hat entschieden dazu beigetragen, dass der Aufenthalt auf St. Helena für uns zu einem ganz besonderen Erlebnis wurde!
Abends, während wir noch mit Jasmin und Thomas bei uns an Bord sitzen, tutet die RMS ST.HELENA dreimal lang und laut. Sie geht Anker auf und verlässt St. Helena, für immer! Es war ihr letzter Besuch auf der Insel. Nach vielen Jahren wird ihr Dienst hier eingestellt, sie fährt zukünftig eine andere Route. Demnächst soll ein modernerer Frachter die Versorgung übernehmen. Auf ihm wird es auch keine offiziellen Passagierkabinen mehr geben. Eine Ära geht zu Ende!

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