Überfahrt nach La Coruna

Donnerstag, 7. Juni, bis Mittwoch, 13. Juni 2018

Die ersten 24 Stunden sind heftig. Wind bis 20kn schräg von vorne, bis 3m hohe Wellen, es ist nasses Segeln. Immer wieder klatschen die Wellen aufs Vorschiff und gegen die Cockpitscheibe. Das war nicht vorhergesagt, damit haben wir nicht gerechnet und deswegen auch nichts abgeklebt. So dringt das Wasser an der aufklappbaren Cockpitscheibe ein, das Instrumentenpaneel wird nass und es läuft bis in die Kajüte! Nachts klebe ich die Scheibe von innen ab, mit mäßigem Erfolg. Morgens meldet Armin „Wassereinbruch“ im Salon. Also, der nasse Fußboden in der Pantry ist Süßwasser, das aus dem Kessel auf dem Herd rausgeschwappt ist. Man (Frau) lässt keinen vollen Wasserkessel bei der Schräglage auf dem Herd stehen! Aber die dicken Tropfen auf dem Tisch und dem Boden davor schmecken salzig und kommen von der Luke runter! Können wir jetzt nicht ändern! Ich lege ein großes Handtuch drunter, darum kümmern wir uns im Hafen.
Wir segeln auf StB-Bug, eigentlich die Seite, auf der unter Deck am wenigsten umfällt. Lediglich wir kugeln hinten aus der Koje. Armin zieht es vor in der V-Koje vorne an StB zu schlafen, ich unterfüttere die Matratze hinten, baue einen Wall, und verhindere so das Rausfallen. Da wir eh abwechselnd schlafen und wachen, sind getrennte Betten mal vertretbar!
Ab der zweiten Nacht lassen Wind und Welle nach, die weitere Überfahrt läuft problemlos. Meist haben wir 12-16 kn Wind von der Seite, nur gelegentlich flaut es ab und Mr. Yanmar muss schieben. Leider kann man von Blauwasser-Segeln diesmal nicht sprechen. Es ist eher Grauwasser-Segeln. Graue Wolken verdecken die Sonne, der Atlantik ist grau, die Sicht sehr eingeschränkt.
Am Montagmorgen gegen 0700 sitze ich im Cockpit und schaue hinaus. Die Sonne versucht sich durch die Wolken zu schieben. An StB sehe ich in einiger Entfernung eine Flosse auftauchen. Am Vorabend hat uns eine Schule Delphine begleitet. Doch diese Flosse ist zu groß für einen Delphin, die Bewegung zu langsam. Ein Wal? Im selben Moment höre ich ein Geräusch unmittelbar links neben mir. Walblas! Einmal, zweimal! Ich schaue noch vorne und bekomme einen ordentlichen Schreck. Unmittelbar vor ASHIAs Bug sind zwei riesige graue Walrücken aufgetaucht! Ausweichen ist unmöglich. Ich schreie nach Armin. Die beiden Wale tauchen ab, dafür kommen rechts und links zwei weitere Tiere hoch. Auch sie tauchen gleich wieder ab. Bis Armin aus der Koje und mit dem Foto an Deck ist, sind sie schon ein Stück hinter uns. Zwar kommen sie immer wieder an die Oberfläche, wir sehen Flossen, Rücken und Blas von mindestens fünf Tieren, aber zum Fotografieren sind sie zu weit entfernt. Das war knapp. Eigentlich hätten die Wale das Boot hören müssen, die Wassergeräusche und das Echolot. Haben wir sie im Schlaf überrascht? Mir steckt der Schreck noch eine Weile in den Gliedern. Einen schlafenden Wal zu rammen ist nicht witzig, weder für den Wal noch für das Schiff!


Am Abend gibt es Würstchen. Armin will die Quetschflasche mit Senf leeren und schüttelt sie. Irgendwie rutscht sie ihm aus der Hand, fällt auf den Boden, dotzt noch mal auf. Jetzt ist sie leer und wir können Senf wegputzen!
Dienstagmittag erreichen wir das Verkehrstrennungsgebiet von Kap Finisterre. Zunächst zeigt das AIS keine Schiffsbewegung an. Doch kaum sind wir dabei es zu queren, poppen die Signale auf. Bis zu fünf Schiffe befinden sich gleichzeitig auf Kollisionskurs mit uns. Dank AIS sehen wir genau welches Schiff in welchem Abstand wo und wann an uns vorbeifahren wird. So segeln wir durch das Feld. Der Motor läuft zur Sicherheit mit. Auf dem „Mittelstreifen“ gibt es eine kurze Pause, dann kommen die Schiffe aus der anderen Richtung. Hier wird es nicht ganz so eng. Das AIS ist wirklich eine segensreiche Erfindung!


Es bewährt sich auch in der folgenden Nacht. Natürlich erreichen wir nach guter ASHIA-Manier La Coruna wieder in der Dunkelheit. Auf den letzten Meilen wimmelt es von Fischerbooten um uns herum. Zum Glück haben alle AIS, manche fahren nämlich ohne Licht während andere mit grellem Arbeitslicht unterwegs sind. Nach Mitternacht erreichen wir den Hafen von La Coruna und um 0100 machen wir am äußeren Schwimmponton der Marina direkt neben dem riesigen Wellenbrecher fest. Noch ein kleiner nächtlicher Imbiss, dann fallen wir in die Koje, gemeinsam!
900 SM in 5 Tagen und 15 Stunden, das ist okay!

2 Kommentare

  1. Liebe Nicole und lieber Armin,

    wir freuen uns, dass ihr gut in La oder A Coruna (die Tastatur hat keine Tilde!) angekommen seid und gratulieren euch zu einem weiteren Stück Atlantiküberquerung, toll habt ihr das gemacht! Danke für die schönen Berichte und die vielen Bilder.
    Wir reisen mit und erleben mit – angespannte Begeisterung bei Begegnungen mit Walen, und wieder ein déjà vu – auch wir lagen mal mit der Eems Spirit auf Kollisionskurs!
    Wir wünschen euch einen schönen europäischen Segelsommer und jetzt eine schöne Zeit mit Vanessa.

    Liebe Grüße von euren Heiner und Hilde (aktuell mit operierter Hand und ohne Schnappfinger)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert