Mittwoch, 27. Oktober 2021
Während Armin den Mietwagen in Oneglia abgibt und auf dem Rückweg noch die zwei bestellten Impeller für den Onan Generator im Marine Store abholt, gehe ich ins Marina-Büro. Ich mag die Italiener, ihre lockere Art, leben und leben lassen. Aber in Geldsachen sind sie eine Katastrophe!Wir haben für den Schlüssel zu den Sanitärräumen, die beiden Chips zum Aufladen der Stromsäule am Liegeplatz und die Karte zum Öffnen der Schranke zur Einfahrt in die Marina jeweils 10€ Pfand bezahlt. Ich will die Dinge abgeben und das Pfand zurück. Aber nein, die junge Dame erklärt mir freundlich lächelnd, dass das nicht geht! Pfand bekommt man nur innerhalb von 90 Tagen zurück. Ab Tag 91 gilt es als gekauft und da ich ja alles schon 2019 bekommen habe, gehört es jetzt mir! Bitte, was soll ich mit dem Kloschlüssel von Imperia? Und die Parkkarte geht eh wieder nicht, sobald sie einige Zeit nicht benutzt wurde! Ja, das machen sie hier aber so!
Im Sommer waren wir zum Tanken. Genau für 100€ Diesel ging in den Tank meines Autos. Ich zahle an der Kasse mit einem 100€-Schein. Der Mann nimmt den Schein und schiebt ihn rechts von sich unter den Tisch. Ich warte. Erschaut mich an. Ich frage: La scontrino? Die Quittung? Erreagiert nicht. Erst als ich noch mal etwas lauter frage, holt er den Schein unten rechts wieder raus, öffnet oben links die Kasse und mit bösem Gesicht und viel Murren bekomme ich meine Quittung. Hat wohl nicht so funktioniert!
Kleingeld unter 5 Cent mag der Italiener nicht. Bei LIDL kostet es 25,31€. Ich gebe das Geld abgezählt hin. Die Kassiererin gibt mir lächeln den einen Cent zurück. Kostet etwas aber 0.99€ und man gibt 1€, dann gibt es kein Wechselgeld.
Im Computerladen kaufen wir für 47,78€ ein. Ich gebe einen 50€-Schein hin. Die elektronische Registrierkasse zeigt Wechselgeld auf 47,75!
Und im Marine Store kostet etwas 108€. Brauchst du Quittung? Nein? Dann gib 100€. TII (this is Italy)
Ich mache ASHIA innen seefest, Armin demontiert die Kette und die Ruckfender, Wassertank auffüllen, Stromkabel rein, Passarella abbauen, wir sind fertig zum Ablegen. Fabio kommt zum Abschied, er schmeißt uns die Heckleinen rüber und um 1050 motoren wir aus der Marina und machen uns auf die 298 SM nach Menorca.
Ein Stück weg von Land bekommenwir Wind um 12-15kn von BB schräg hinten und können segeln. Unter weißen Segeln zieht ASHIA mit 7 bis teilweise 9 kn dahin. So kann es bleiben. Rasmus bekommt seinen Schluck Whisky, auf dass er uns freundlich gesonnen bleibe. Wie immer, wenn wir unterwegs sind, haben wir den UKW-Funk auf Kanal 16 eingeschaltet. Doch während im Sommer permanent irgendeine Station irgendwelche Boote ruft und ständig die unterschiedlichsten Meldungen durchgegeben werden, ist jetzt alles ruhig. So ruhig, dass wir schon befürchten, die Funke sei kaputt. Doch kurz hinter Menton hören wir dann „French Navy Control“ einen Frachter rufen und erst eine Stunde später eine Motoryacht. Es ist einfach nichts los auf dem Wasser. Die großen Luxus-Yachten, die im Sommer die Küste rauf und runter fahren, liegen in den Häfen, z.B. in Imperia. Und viele Frachter sind auch nicht unterwegs. So ist zu erklären, dass nachmittags „French Navy Control“ auch ASHIA ruft. Dem Jungen ist wohl langweilig! Uns haben sie noch nie gerufen! Woher, wohin, voraussichtliche Ankunftszeit, wie viel Tiefgang und wie viele Personen an Bord? Zwei? Aha, Skipper and mate! NO, we are a small sailing vessel, just me and my wife! Er fragt ob alle gesund sind und wünscht uns gute Fahrt.
Um 1900 ist es dunkel und bald verziehe ich mich in die Koje, während Armin die erste Wache übernimmt. Wir segeln auf StB, das heißt, da unsere Koje hinten an BB liegt und ASHIA nach StB geneigt ist, es ist etwas abschüssig im Bett. Normalerweise komme ich damit zurecht, polstere mich mit Kissen und schlafe ohne rauszufallen. Doch diese Nacht taucht ein neues Problem auf. Der Topper, den wir auf der Matratze haben, hat einen sehr glatten Bezug. Da das Bettlaken darauf immer gerutscht ist, haben wir den Topper unter die Matratze gelegt. Das hat sich bewährt, der Komfort ist sehr gut. Jetzt allerdings rutscht die Matratze auf dem Topper! So kommt es, dass ich nach zwei Stunden aufwache, weil es plötzlich so abschüssig geworden ist. Von der 1,40m breiten Matratze hängt die Hälfte aus der Koje! Aufstehen, zurückschieben, hinlegen, rutschen, so geht das noch zweimal bis ich Armin um 2300 bei der Wache ablöse, Er schläft dann lieber gleich vorne in der StB-Koje. Zwischen Matratze und Topper kommt jetzt eine Anti-Rutsch-Unterlage!
Wir segeln durch die Nacht. Am Horizont zucken Blitze über den Himmel. Ich habe kein Problem mit Gewitter — zuhause! Aber an Bord macht es mir Angst. Ein Blitzeinschlag ins Boot und alles an Elektronik ist hin. Wir packen Laptops, Handys und die Handfunke in Backofen und Mikrowelle. Zum Glück bleibt die Gewitterzelle weit genug weg von uns und löst sich mit Sonnenaufgang auf.
Donnerstag, 28. Oktober 2021
ASHIA segelt weiter unter Genua, Groß und Besan. Uns sind die Langfahrt-Seebeine noch nicht wieder gewachsen, wir sind müde, vielleicht auch etwas unaufmerksam. Sonst hätten wir die Wolkenformation um uns herum sicher besser gedeutet. Wir kommen gut voran bis zum Nachmittag. Wie vorhergesagt lässt der Wind nach, geht unter 10kn. Doch dann, von jetzt auf eben, pfeift es in der Takelage, der Windmesser schnellt hoch auf 17 dann über 20kn und ASHIA legt sich auf die Seite. Ich will gerade die Genuaschot fieren, um zu reffen, da ist der Spuk auch schon wieder vorbei, Wind 6.7kn,hat keine zwei Minuten gedauert. Wir schauen uns an: ups, das war ein Squall! Ein Mini-Tief. Kennen wir eigentlich nur von den Ozeanen.
Armin schaltet das neue Radar an. Da sind sie zu sehen, die Zellen, die kleinen CBs. Wie an der Perlenschnur reihen sie sich vor uns auf. Doch wir haben Glück und kommen problemlos durch. Bis zum Abend. Kaum ist es dunkel da blitzt es vor und neben uns. Über dem warmen Meerwasser erwärmt sich die Luft, steigt hoch und bekommt durch das warme Wasser immer mehr Energie zugeführt, die sich irgendwann im Blitz entlädt. Dank des klaren Radarsignals können wir den Gewitterzellen ausweichen, was den Zickzack-Kurs dieser Nacht erklärt. Wir sindim Jahr 2016Ende Oktober von Imperiaaus non-stop in die Türkei gesegelt und 2016 ebenfalls Ende Oktober von Imperia non-stop nach Gibraltar, auf keiner Fahrt hatten wir solche Wetterphänomene.
Freitag, 29. Oktober 2021
Gegen 0600 fallen die Gewitterzellen endlich in sich zusammen. Mit Sonnenaufgang sind wir an der Küste von Menorca, deren Lichter wir aber schon seit einiger Zeit am Horizont sehen konnten. Wir laufen in das betonnte Fahrwasser der langgestreckten Bucht von Mahon ein. Um 0820 rufen wir die Marina Club Maritimo Mahon auf Kanal 09. Antwort kommt sofort und kurz darauf liegen wir am Kai zentral in der Stadt. Erstmal aufklaren und frühstücken, dann laufen wir ins Marina-Büro. Nach Studium des Wetterberichts werden wir wohl frühestens Montag hier wieder weg kommen. Also zahlen wir für drei Nächte. Auf dem Rückweg pausieren wir in einem Lokal am Strassenrand, gegenüber von ASHIA, und lassen uns eine eiskalte Cola schmecken.
An Bord wartet Arbeit. Heute morgen haben beide neue Bilgepumpen nacheinander die Arbeit eingestellt. Diese Impellerpumpen schaffen einfach auf Dauer die Höhe von 1,50m beim Auspumpen nicht. Armin baut in eine davon einen etwas dünneren Schlauch ein und dreht den Impeller um. Und siehe da, jetzt sprudelt das Wasser! Wieder mal an einem schönen Flecken Erde ein bisschen repariert!
Für heute reicht es! Jetzt wird gechillt!