Samstag, 15. Juli 2017
Es gibt kein Dingi-Dock hier. Man kann entweder direkt am Strand anlanden, was definitiv für den Rückweg nasse Hosen gibt, oder in eine Flussmündung hinein fahren und dort ohne Schwell am steilen Ufer anlanden. Da vor der Mündung ein kleines Riff liegt und wir nicht sicher sind, ob es bei Ebbe noch passierbar sein wird, landen wir zunächst morgens am Strand. Sofort kommen ein paar Kinder und helfen, das Dingi über die Steine zu tragen. Um 0830 startet Chief Jasom, der Dorfvorstand mit uns eine Führung durch sein Dorf. Zunächst geht es wieder in die Dingis und wir fahren 2 NM weit in eine andere Bucht. Ein kurzer Fußmarsch und ein steiler Aufstieg zwischen Baumwurzeln bringt uns hoch an eine fast senkrechte Felswand. In einer kleinen Höhle, in die ein enger Abstieg führt, kann man die Gebeine der Toten aus der Gegend besichtigen. Jasom erzählt, dass da auch die Knochen seiner Großeltern dabei seien! Inzwischen ist diese Art Totenkult verboten, es gibt Friedhöfe. Eine zweite Höhle ist nur über einen senkrechten Aufstieg an Baumwurzeln und Felskanten zu erreichen. In ihr sind lediglich die Knochen von fünf bedeutenden Personen zu sehen. Jeder ist froh, als wir alle mit heilen Knochen wieder am Strand stehen.
Zurück im Dorf gehen wir mit den Dingis im Fluss ans Ufer. Wieder kommt sofort die Jugend zu Hilfe. Wir laufen durch das Dorf. Auch hier stehen die Häuser in großen Gärten, es ist aber mit mehr Wellblech gebaut als in Tanna, wo alles aus Naturmaterialien ist. Die Gärten sind liebevoll angelegt, blühende Sträucher und Hecken, sauber gemähter Rasen und oft eingefasste Steinwege fallen uns auf. Wir laufen am Fluss entlang. An einer seichten Stelle waschen Frauen und Kinder ihre Wäsche und legen sie auf den warmen Steinen zum Trocknen aus. Kühe waten an einer Furt zum anderen Ufer. Das Land ist kultiviert, Bananen und Kokospalmen wachsen auf von Unkraut befreitem Boden.
Zurück im Dorf haben die Frauen im Versammlungshaus ein Buffet aufgebaut. Auch hier hat jede Familie etwas dazu beigetragen. Wir stellen unsere Schüsseln und Kasserolen mit dazu. So ergibt sich eine reichhaltige Auswahl an Salaten, Fleisch und Pasta, Obst und Kuchen. Außerdem hat jede Crew noch Geschenke für die Dorfbewohner mitgebracht. Viel ist es nicht, was wir noch haben, blieb doch alles in Tanna. Wir erzählen dem Chief von World ARC und der Unterstützung, die möglich ist. Uns erscheint Dillons Bay wesentlich bedürftiger als Port Resolution, das inzwischen gut versorgt wird. Die Bewohner freuen sich sehr über die Lebensmittel, die wir bringen. Besonders die 10 Liter H-Milch von ASHIA lassen Mütteraugen leuchten.
Chief Jasom eröffnet die „Party“ mit einem Gebet. Dann bittet er darum, der Welt zu erzählen, dass es die Leute von Dillons Bay gibt und dass sie jeden, der herkommt, Willkommen heißen werden, aber auch jede Hilfe und Unterstützung gerne annehmen. Auch hier richten Zyklone immer wieder schweres Unheil an. Dann wird gegessen. Zunächst werden nur die Frauen der Segler ans Buffet gelassen, dann dürfen auch unsere Männer ran. Die einheimischen Frauen und Kinder sitzen dabei und warten. (Die Männer sind draußen zum Fischfang oder im Busch.) Sie schwatzen, die Kinder singen, aber sie essen erst, als wir fertig sind und den Saal verlassen. Dann aber stürzen sich vor allem die Kleinen auf die für sie so fremdartigen Speisen. Ein älterer Mann nimmt uns mit zum Yacht-Club. In mühevoller Arbeit hat man hoch über dem Strand ein Haus aus Stein errichtet. Zwei Räume, ein großer Tisch, Flaggen und Wimpel an Wänden und Decke, er legt uns stolz sein Gästebuch vor. Da wir völlig unvorbereitet auf diesen Empfang in Erromango sind, können wir ihm nicht mal eine World-ARC-Flagge schenken. Später erfahren wir, dass eines der Boote eine alte ARC-Flagge signiert und übergeben hat, worüber er sich sehr gefreut hat. Wir versprechen Chief Jasom, dafür zu sorgen, dass Dillons Bay auf zukünftigen World-ARC-Touren fest eingeplant wird und Unterstützung bekommt. Der Aufenthalt hier hat uns sehr berührt und Hilfe ist hier sicher notwendig.
Auf dem Rückweg ist Niedrigwasser und wir tasten uns vorsichtig mit halb hochgekipptem Außenborder aus der Mündung über das Riff. Es gelingt ohne Grundberührung über die Korallenköpfe zu kommen.
Um 1730 verlassen wir zusammen mit AURORA POLARIS als erste Boote den Ankerplatz und begeben uns auf die nächtliche Fahrt nach Port Vila auf der Insel Efate.