Von Tanger nach Imperia ist der Plan

Sonntag, 26 Juni 2022
Am Dienstag (21.06.2022) sind wir wie vereinbart pünktlich um 0800 am Empfangssteg. Zwar steht der Marinero da, um unsere Leinen anzunehmen, aber von den Offiziellen fehlt jede Spur. Erst um 0915 treffen die Männer von Polizei, Zoll und Hafenbehörde ein. Dann geht es allerdings schnell, unsere Pässe werden abgestempelt, drei Mann kommen an Bord, was sie wollen ist wieder nicht ganz klar. Sie schauen nur kurz und oberflächlich in ein paar Schränke. Die Personenwaage in der Eignerkoje findet das Interesse eines Polizisten. Er möchte sich gerne wiegen! Mit zufriedenem Gesicht steigt er wieder runter. Ich sage ihm nicht, dass diese Waage eine freundliche ist, sie zeigt immer 2kg zu wenig an!
Wir verholen uns ein paar Meter weiter an die Tankstelle und füllen fast 400l Diesel ein. Um 1000 legen wir ab und motoren aus der Marina. In der Bucht von Tanger können wir Segel setzen und an der Küste von Marokko geht es entlang bis auf Höhe von Gibraltar. Rasmus bekommt seinen Opferschluck aus der Whiskeyflasche, Skipper und Crew natürlich auch. Mittags, nach dem Verkehrstrennungsgebiet, steuern wir nach BB und segeln in die Alboran See. Die zeigt sich wie immer von ihrer ruppigen Seite. Es bläst mit 25-28kn von achtern, hohe Wellen kommen von hinten, nur mit gereffter Genua läuft ASHIA 8-9kn schnell. Es ist kalt, wir schließen das Regenschott und nachts sitzen wir mit Fleecejacke, Wollsocken und Decke auf Wache. An erholsamen Schlaf ist nicht zu denken wenn man nur in der Koje rumkugelt.
Der Mittwoch verläuft ebenso, erst am Donnerstag lassen Wind und Welle nach und wir können entspannt segeln. Mit Sonnenuntergang erreichen wir die Enge zwischen Ibiza und Formentera. Dahinter schläft der Wind ein, wir motoren an Ibiza entlang, und dann erschwert uns auch noch ein Gegenstrom von 2kndas Vorankommen. Für Ärger sorgt der Kreuzfahrer Costa Toscana. Im Dunklen fährt er im Abstand von knapp einer Meile zunächst direkt hinter uns her. Das ist unverantwortlich! Wenn bei uns etwas passiert, Motorausfall o.ä. , bis so ein Dampfer reagiert, hat er uns überrollt. Armin funkt ihn an, sagt, dass das nicht korrekt und gefährlich ist, und dass er beim Überholen jetzt auch mindestenseine Seemeile seitlichen Abstand halten soll. Der Kapitän mault rum, er hätte keinen Platz weiter auszuweichen, wir sollen uns nicht anstellen! Platz hat er unendlich, um nach StB auszuweichen, aber er passiert uns in einer halben Meile Abstand! Sind die Kapitäne der Costa-Linie alle ein bisschen seltsam?
Von der Ostküste von Ibiza geht es durch die Strasse von Mallorca rüber zur Westküste von Mallorca. Zunächst können wir noch segeln bei 18-20kn Wind, doch ab mittags schläft der Wind ein, das Meer wird glatt und Mr. Yanmar muss arbeiten. So geht es den ganzen Samstag bis wir am frühen Sonntagmorgen auf der Höhe von Toulon sind. Wieder einmal kommt das unpassende, schlechte Wetter früher als vorhergesagt. Wind kommt auf, dreht immer weiter aufdie Nase und nimmt zu. Welle baut sich auf, ASHIA stampft bald gegen 20kn an. Hinter Monaco, auf Höhe von Cap Martin, geben wir auf und im Windschatten vom Cap fällt der Anker. Wir gehen erstmal sind ins Wasser! Es ist erfrischend kühl, aber die auch hier noch vorhandene Welle macht Schwimmen etwas schwierig. In den nächsten zwei Stunden wird der Ankerplatz immer unruhiger, alle Boote schaukeln heftig. Wir holen den Anker hoch und starten einen zweiten Versuch. Es sind ja nur noch 25SM bis Imperia. Doch die Bedingungen sind eher noch schlechter geworden. Eine steile, hohe Welle und 20-25kn Wind von vorne lassen uns teilweise nur mit 2kn vorankommen. Nach drei Stunden haben wir gerade mal 7SM zurückgelegt! ASHIA taucht ihren Bug immer wieder tief in ein Wellental ein und schaufelt beim Hochkommen große Mengen Wasser über`s Deck. Das bremst die ohnehin schon geringe Geschwindigkeit noch weiter ab. Zum Glück sind alle Luken dicht!
Wir sind auf Höhe von Ventimiglia, und laut Navily gibt es dort eine neue Marina. Also wieder Abbruch! Beim Ansteuern der Marina kommt ein neues Problem auf. Da, wo auf dem Monitor die AIS-Signale der Schiffe im Hafen angezeigt werden, und worauf wir zusteuern, ist an Land kein Hafen zu erkennen. Die Mole der Marina ist wesentlich weiter links. Wir sind irritiert, gibt es zwei Häfen?Der Marinero, den wir inzwischen am Funk haben, versteht unser Problem nicht.Erst als wir ASHIAs Bug nach BB drehen, auf die Mole an Land zu, rutschen die AIS-Signale nach links und decken sich mit der Marina. Das war ein GPS-Jamming von einer halben Meile! Sowas haben wir vorher noch nie erlebt!
An der Einfahrt zur Marina erwartet uns ein Marinero im Schlauchboot, ein weiterer steht am Liegeplatz. Bei 25kn Wind manövriert Armin ASHIA zwar perfekt rückwärts an den Steg, aber die Marineros reagieren schlecht. Die luvseitige Heckleine ist nicht richtig fest am Poller, es drückt uns auf das große Motorboot nebendran, das Bugstrahlruder schafft es nicht gegen so viel Wind, der Mann im Schlauchboot hält nur die Mooring anstatt sich als Fender mit dem Gummiboot dazwischen zu legen. Also mal wieder eines der zum Glück sehr seltenen beschissenen Anlegemanöver! Aber es geht alles gut, kein Schaden an den Booten.
Trotzt allem, die Marineros sind sehr freundlich, erledigen die wichtigsten Formalitäten direkt am Steg, so dass wir erst morgen ins Büro kommen müssen. Nachdem sowohl ASHIA als auch wir eine gründliche Dusche bekommen haben, laufen wir vor zur Marina-Promenade. In einem Lokal spielt ein Saxophonist und wir setzen uns zum Abendessen hin. Zurück an Bord fallen wir beide in die Koje. Nichts schaukelt, nichts knorzt, störungsfreier Nachtschlaf garantiert.
Insgesamt war das wieder eine ereignisreiche Tour. Bis hierher haben wir 837 SM in 5 1/2Tagen zurückgelegt. Die Wettervorhersage war nur so in etwa korrekt. Und während wir tagsüber fast keine anderen Boote gesehen haben, änderte sich das mit Einbruch der Dunkelheit sofort. Dann kamen Kreuzfahrer, große Sportboote, Frachter, Fähren und Fischerboote aus allen Richtungen. Zwar ist die Berufsschiffahrt schnell unterwegs, doch sind sie in der Regel rücksichtsvoll gegenüber einem Segler (mal abgesehen von Costa Toscana) und fahren mit Abstand vorbei. Problematischer sind die Fischerboote. Sie sind unberechenbar! Ändern ständig Richtung oder auchGeschwindigkeit und treten meist in Horden auf mit nicht immer deutlich erkennbarer Beleuchtung. Zum Glück sind die Nächte momentan kurz, bis 2230 ist es noch einigermaßen hell und gegen 0500 setzt die Morgendämmerung ein. Das erleichtert die Nachtwachen. Ich fahre nicht so gerne in die rabenschwarze Nacht hinein. Denn das letzte kleine Restchen Mond ist erst nach Mitternacht aufgegangen.













2 Kommentare

  1. Wir hatten in den letzten beiden Wochen 2 x einen COG, der auf dem Plotter über Land führte. Ist mir auch noch nie so krass passiert. Vielleicht hängt es mit dem Krieg in der Ukraine zusammen….

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