Mittwoch, 4. Juli 2018
Um 0545 motoren wir aus der Dun Laoghaire Marina. Die Sonne ist aufgegangen, die See ist fast unbewegt in der morgendlichen Flaute. Nach einer Stunde kommt Wind auf und wir können Segel setzen. Knapp 100 SM geht es an der irischen Küste entlang. Immer wieder kommt es zu Begegnungen mit Fischerbooten. Sie müssten Seglern eigentlich ausweichen. Doch wenn sie ihre Netze einholen, sind in der Regel alle Mann hinten an Deck beim Arbeiten und das Boot tuckert unter Autopilot dahin. Das hat zumindest mal den Vorteil, dass es stur geradeaus fährt und man ausweichen kann. Die Fischerboote hier fahren offensichtlich ihre überall verteilten Fangkörbe ab, die durch für uns schlecht erkennbare kleine Kugelfender gekennzeichnet sind. Ihr Zick-Zack Kurs ist unberechenbar und sie weichen kaum aus. So wird uns die Fahrt nicht langweilig.
Die anfängliche kurze und ruppige Welle lässt mittags nach und ASHIA gleitet ruhig dahin. Die Sonne scheint, es ist angenehm warm im windgeschützen Cockpit. Wir nutzen die Zeit zum Hairdressing! Meine Haare reichen inzwischen fast bis zur Taille, zwei Jahre ohne Frisör sind lang. Die 2cm Spitzenschneiden in Australien zählen da nicht. Armin nimmt die Schermaschine und kürzt die Länge um 10cm. Den eigentlichen Cut werde ich zuhause machen lassen. Die meisten Frauen, die auf Langfahrt unterwegs sind, tragen die Haare lang. So lassen sie sich einfach zusammenbinden, flechten, hochstecken und sind pflegeleicht. Erforderliche Frisörbesuche wegen Kurzschnitt sind oft mit unkalkulierbarem Risiko verbunden. Europäisches Haar ist nun mal nicht wie polinesisches, asiatisches oder afrikanisches Haar zu behandeln. So manche Seglerin ist da schon mit wild verschnittener Frisur oder auch orange-rotem Haar aus dem Salon gekommen.
Dann tauschen wir die Rollen und ich arbeite mit der Schermaschine an Armins Frisur. Am Ende sind wir beide mit den Ergebnissen zufrieden und trauen uns wieder in die Zivilisation.
Die Bangor Marina vor Belfast ist rund um die Uhr besetzt und antwortet sofort, als wir sie nach 13 Stunden und 98 zurückgelegten SM auf UKW 80 rufen. Man weist uns Liegeplatz H6 zu, den wir, nachdem ASHIA im Vorhafen mit Fendern und Leinen bestückt worden ist, auch ansteuern. Die Marina ist voll, es gibt wenig freie Plätze. Und auf H6 liegt eine französische Yacht, das Skipperpaar sitzt im Cockpit. Die Liegeplatz-Nummern sind schlecht zu erkennen, ich rufe auf Englisch hinüber, ob es wirklich Nr.6 ist. Der Hafenmeister hat uns diesen Platz zugewiesen. Der Skipper verschwindet sofort unter Deck und Madame zuckt die Schulten und wendet sich ebenfalls ab. Wir fahren rückwärts aus der Boxengasse wieder raus und legen erst mal am freien Kopfende von Steg H an. Ein irisches Paar von einer Motoryacht kommt und nimmt die Leinen an. Über Funk verständigen wir die Marina. Kurz darauf erscheint der Hafenmeister. Er geht zunächst zu den Franzosen, doch die reagieren auf kein Klopfen, bleiben unter Deck verschwunden. Wir können dann hier am Stegkopf liegen bleiben.
Nach dem völlig problemlosen Anmelden im Marinabüro laufen wir in den Ort. In einem urigen kleinen Lokal gibt es ein viel zu üppiges Abendessen, dann beenden wir diesen langen Tag.